Donnerstag, September 28, 2006

Redundante Sekundärmeinungen

Auch Deutschlands ehemals liebste Fußball-Fleischmütze Carsten Jancker befindet sich im Moment in Shanghai. Der Stürmer erwärmt bei Shanghais Vorzeige-Verein Shenhua allerdings nur die Ersatzbank anstatt die Herzen der Fans. Im Magazin "Player" erzählt er über seine Zeit in Shanghai.

Frage: Guten Tag, Herr Jancker, wie läuft's?

Jancker: Danke, gut. Ich wohne hier in einem bewachten Wohnkomplex nur drei Minuten vom Trainingsgelände entfernt. So muss ich mich nicht durch das tägliche Verkehrschaos kämpfen.

Frage: Gefällt Ihnen das Leben in China?

Jancker: Absolut. Nur das Essen ist sehr gewöhnungsbedürftig. Hier kommen Schlangen in den Topf, und eine andere Spezialität sind Entenzungen.

Frage: Haben Sie solche Köstlichkeiten probiert?

Jancker: Nein. Ich halte mich an Pasta und Reisgerichte.

Frage: Wie kommen Sie mit dem Klima zurecht?

Jancker: Es ist schon sehr heiß. Bei einem Spiel sahen meine Hände aus, als hätte ich zu lange in der Wanne gesessen. Die Luftfeuchtigkeit ist extrem.

Frage: Sie haben gegen Shenyang Ginde eine Rote Karte kassiert - was ist vorgefallen?

Jancker: Nichts Wildes. Ein Kampf am Boden, ein kleines Gerangel. Plötzlich zeigt der Schiri uns beiden Rot. Es war die erste Rote Karte meines Lebens.

Frage: Bis wann läuft Ihr Vertrag bei Shanghai Shenhua?

Jancker: Am 22. Oktober ist unser letztes Ligaspiel. Danach wird sich zeigen, wie es weitergeht. Ich kehre wahrscheinlich nach Österreich zurück.

Frage: Hatten Sie schon Besuch von Ihrer Familie?

Jancker: Ja. Wir waren im Zoo, und meine Frau ging natürlich shoppen. Im Zoo waren die Panda-Bären und die Löwenfütterung aus dem Bus die Attraktionen.

Frage: Aus dem Bus?

Jancker: Es war heftig. Man fährt mit dem Bus durchs Löwengehege und hintendran binden die lebende Hühner. Die flattern da rum und dann stürzen sich die Löwen drauf und reißen sie einfach ab.

Frage: Schnell zurück zum Sport - Sie waren bekannt dafür, nach Toren Ihren Ehering zu küssen. Jubeln Sie immer noch so?

Jancker: Leider nicht, denn ich habe noch kein Tor für Shanghai erzielt. Es sollte nicht sein. Aber ich bin sicher, China nicht ohne Treffer zu verlassen. (Inzwischen hat Jancker seinen ersten Treffer erzielt. Er traf beim Gastspiel seiner Elf in Jeonbuk zum 2:4-Endstand. Das Interview wurde davor aufgezeichnet; d. Red.)

Interview: Patrick Kiefer



Wer nicht bereit ist, sich auch nur annähernd auf eine neue Kultur einzulassen und alles ungewohnte als schlecht und "heftig" abkanzelt, verdient auch keine Treffer.
Dafür war Carsten Jancker aber zumindest beim Oktoberfest (Bericht folgt) und ab Ende Oktober ist er ja wieder in Europa. Ob Östereich da allerdings weniger exotisch ist... (Sorry, Matthias ;-) )

Donnerstag, September 21, 2006

Chinesische Perversitäten

Eins vorneweg: Alle die Leute hier, die den Schritt nach Shanghai gewagt, haben sicherlich eins gemeinsam - Toleranz, Neugier gegenüber einer fremden Kultur und kulinarische Offenheit. Einige Sachen gehen aber gar nicht. Selbst ich, der bisher kaum einer Speise in flüssiger oder fester Form entsagt habe, bin an meine Grenzen gestoßen.

Der Reihe nach: Das hier ist Qualle.



Qualle hat die Konsistenz von Kaugummi, das eine Generation lang unter einer verstaubten Schulbank vergessen wurde. Qualle hat einen Geschmack, wie als wenn man in der Nordsee mit offenen Mund baden geht und unaufhörlich schluckt. Insgesamt gesehen also eine Erfahrung, die man mal gemacht haben kann, aber nicht unbedingt wiederholen muss... Folgend noch ein paar Fotos des mutigen Selbstversuches von zwei Dritteln unserer WG.










Auch bei der reichhaltigen Auswahl an Alkoholika - außer im Carrefour allerdings nur Reiswein, Reisbier und Reisschnaps - finden sich einige interessante Produkte.
Das ist Baijiu.



Baijiu ist ein 55-prozentiger Schnaps aus Bohnen, Reis und undefinierbaren Rest, sofern ich den Chinesen richtig verstanden habe, der mir das erklärt hat. Die teuerste Marke kostet knapp einen Euro. Baijiu riecht, schmeckt und brennt widerlich. Allerdings haben wir seine wahre Funktion gefunden. Erstens tötet ein kleines Glas am Abend alle im Körper befindlichen Bakterien und Viren restlos ab, zweitens wirkt es auch gegen Entzündungen und Mückenstiche. Freunde von uns benutzen es sogar als Putzmittel und schwören auf die Reinigungskraft.

Jetzt müssen wir nur noch eine Verwendungsmöglichkeit für die Qualle finden...

Montag, September 18, 2006

Resonanz, Leute, Resonanz!

Ich will Aufmerksamkeit. Gemessen an den Mengen von Leuten, die hier jeden Tag vorbei schauen - übrigens, bitte oute sich doch mal der Leser aus Taiwan - bekomme ich viel zu wenig Feedback. Bitte, kommuniziert mit mir :-)
Falls es daran gelegen haben sollte, dass es bisher nur registrierten Nutzern möglich war, Kommentare abzugeben: Mea culpa. Ab jetzt dürfen alle spammen!

Sonntag, September 17, 2006

A Schmarrn...

Meilensteine des gemeinsamen Europas: Unterzeichnung der römischen Verträge, 25. März 1957. Beschließung des Schengener Abkommens, 14. Juni 1985. Gründung der EU, 7. Februar 1992. Ein Österreicher, ein Bayer und ein Rheinländer versuchen in Shanghai Kaiserschmarrn herzustellen, 14.09.2006.
Matthias wollte für seine chinesische Freundin Lin ein typisch österreichisches Gericht zubereiten. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten und Bandbreite an Zutaten haben wir uns nach kurzer Diskussion auf Kaiserschmarrn geeinigt. Um es kurz zu machen - der erste Probe-Versuch war grauenhaft. Der zweite Versuch schon besser, der vor Lins Augen gekochte Schmarrn war dann wirklich super. Hier eine kurze Foto-Dokumentation der österreichisch-bajuwarisch-rheinländischen Gastronomie-Bemühungen.

Andi bemüht sich um das Eiweiß.


Den fertigen Teig massakriert Matthias in der stundenlang desinfizierten Pfanne.


Erste skeptische Probe - Urteil: Bedingt essbar.


Endstation für Probe eins...


Was wir hinterher noch erfahren haben: Eigentlich soll man das chinesische Mehl vor Verarbeitung unbedingt noch sieben, ansonsten werden vegetarische Gerichte wie der Kaiserschmarrn durch Mehlwürmer leicht zu proteinreichen Mahlzeiten aufgewertet...

Donnerstag, September 14, 2006

Wo hen mang

Viel Arbeit im Moment. Der Chinesisch-Kurs stellt sich nach knapp einer Woche als reichlich knifflig heraus. Nicht nur, dass die Sprache ohnehin ziemlich schwierig ist - auch das Tempo, in dem hier fortgeschritten wird, ist abenteuerlich. Pro Seminarstunde (90 Minuten) "Lesen und Schreiben" wird eine Lektion durchgenommen. Das heißt konkret, dass ich gestern abend gepflegte 44 Vokabeln inklusive Schriftzeichen und Aussprache lernen durfte.
Überhaupt kommen sich hier alle wieder vor, als ob wir unsere frühschulischen Erlebnisse wiederholen. Um acht Uhr morgens geht es los - eine Zeit zu der ich zuhause nur unter extremster Gewaltandrohung aufstehe -, die Methodik erinnert in großen Teilen an Anthroposophie in der Waldorfschule. Morgen muss ich wahrscheinlich noch meinen Namen tanzen...
Dafür steht bald wieder das Wochenende vor der Tür. Freitag geht es wieder ins "Mural" (Open Bar für 100 Yuan), Samstag lockt das "Blue Eyes" (Open Bar für 80 Yuan). Am kommenden Wochenende besuchen wir am Freitag abend das "Shanghai Oktoberfest" - für mich als Rheinländer vermutlich ein größerer Kulturschock als chinesiche Garküchen. Samstag und Sonntag gehen wir zur Formel 1 auf der neu gebauten Strecke im Shanghaier Norden. Schon komisch, dass ich erst nach China muss, um solche "typisch deutschen" Kulturexporte live zu erleben.

Dienstag, September 12, 2006

Bling Bling Shanghaier Art


Montag hatte Lukas Geburtstag - ein triftiger Grund auch direkt den Einzug zu feiern. Also haben wir zwei Flaschen Wodka und einen Haufen Bier geholt und allen Bescheid gesagt, die uns über den Weg gelaufen sind. War eine richtig coole Party, sogar der Securitymann vom Häuserkomplex hat mal vorbei geschaut. Die neue Anlage mit Subwoofer erfreut offenbar auch unsere Nachbarn. Um 11 sind wir dann in die Stadt gefahren und in das "Windows II" gegangen, ein kleiner Hip-Hop-Laden. Wir Langnasen haben dann natürlich in Old-School-Tradition die Bühne in Beschlag genommen und den Chinesen was vorgetanzt. Die Musik war zwar nicht so ganz mein Stil, hat aber trotzdem Spaß gemacht. War halt Lukas' Wahl und die Stimmung war echt ok. Nur das Aufstehen heute morgen um 7:15 Uhr war nicht ganz so berauschend, aber immerhin haben "Party hard" und "Hard work" 50% semantische Übereinstimmung...

Erste Unterrichtsstunden

Gestern und heute hatte ich meine ersten Lektionen auf Chinesisch. Das ganze System ist anders als die Sprachkurse in Deutschland. Wir haben einen Kurs für die Schriftzeichen und einen nur für die Aussprache. Dazu kommen noch zwei Wahlkurse, ich werde wohl Tai Chi und chinesisch Kochen nehmen, das klingt ganz interessant.
Quasi die erste Lektion war direkt "Nimen nuli xuexi" - ihr müsst hart lernen. Im Schreibkurs machen wir jeden Tag zwei Lektionen, um alle vier Bücher zu schaffen. Ich hoffe, ich kann meine geisteswissenschaftlichen Gewohnheiten schnell umnstellen...

Feilschen erwünscht

Am Sonntag war ich mit ein paar Leuten auf dem Shanghaier Fakemarket. Letztes Jahr war der noch tatsächlich wie ein großer Freiluftmarkt aufgebaut, inzwischen ist er in mehrere riesengroße Kaufhäuser umgezogen. In den Gebäuden sind dann regelrechte Straßen mit ganz vielen kleinen Läden, die so gut wie alles an Kleidungstücken und sonstigen Accessoires wie Brillen, Taschen und Ketten. Habe einen schönen gestreiften Pulli von Ralph Lauren (90 Yuan), ein hellblaues gestreiftes Poloshirt der selben Marke (70 Yuan), ein Paar schwarze Converse (90 Yuan), 15 DVDs (80 Yuan), eine Sonnenbrille (20 Yuan), einen großen Northface-Rucksack (80 Yuan), eine Deutschland-Sporthose (40 Yuan) und eine Totenkopfkrawatte (8 Yuan) - natürlich alles original... Die Anfangspreise waren immer so etwa beim doppelten des Kaufpreises, mein Anfangsangebot bei einem Drittel des geforderten. Bei den Chucks lief das folgendermaßen: Der Verkäufer nennt den Anfangspreis von 180 Yuan, ich lache ihn aus und biete 60 Yuan an. Er fragt, ob ich ihn verarschen möchte und ich sage, er hätte doch damit angefangen. Dann wird ein bisschen gefeilscht, viel "good quality" und "my friend" gesagt, zwischendurch wird einer immer noch ein klein bisschen böse und am Ende bin ich sogar wieder aus dem Laden rausgegangen, um mich zurückholen zu lassen und den Preis nochmal zu drücken. Trotzdem sind wir wahrscheinlich noch ganz schön abgezogen wurden. Hat aber Spaß gemacht, vor allem wenn wir zu zweit gehandelt haben und dabei die Verkäufer auf deutsch gegeneinander ausspielen konnten ;-)

Sonntag, September 10, 2006

Shanghaier Nightlife

Freitag hatten wir erstmals die Gelegenheit, das berühmt-berüchtigte Shanghaier Nachtleben zu erkundigen. Mit insgesamt vier Taxis fuhren wir in das ehemalige französische Viertel (French Concession), in eine Bar mit Namen "Mural". Für 100 Yuan (10 Euro) Eintritt stand uns die Bar offen - quasi ein "All-You-Can-Drink". Und zwar um ein Vilefaches besser als in Deutschland. Inklusive waren auch jede Menge Cocktails (Metropolitan, Margheritas, Long Island Ice Tea und einiges mehr), Heineken und Longdrinks. Gemixt wurde nicht mit Kaliskaja und Racke Rauchzart sondern mit wirklich guten Spirituosen, Bacardi, Smnirnoff oder Sierra-Tequila. Die Umgebung war wirklich schick, ein höhlenähnlicher Kellerraum mit Sitzgelegenheiten und Tanzfläche. Musik war total gemischt, fast optimal. Leider waren allerdings fast keine Chinesen da, sondern nur Ausländer, vor allem Deutsche und Franzosen. War aber trotzdem ein super Abend, viele nette Leute kennengelernt und viel gequatscht. Nach dem zweiten Long Island Ice Tea habe ich sogar meine lange verschüttet geglaubten Französisch-Kenntnisse wieder entdeckt und an zwei Urlaubern aus Toulouse erprobt...

Impressionen II

Unser Wohnzimmer - inoffizielles Zentrum der deutschen Community an der Tongji


Matthias' Zimmer, das ehemalige Kinderzimmer


Unser Balkon


Der Eingangsbereich der Wohnung


Eins der beiden Badezimmer

Ein paar Impressionen unserer Wohnung


Fernseher und Schrank in meinem Zimmer.



Die Sicht von unserem Balkon



Die Sicht aus meinem Zimmer



Lukas' Zimmer, das ehemalige Arbeitszimmer



Mein Bett

Die erste Woche Part VI

Mittwoch: Offenbar sind Makler hier nicht besonders beschäftigt. Unsere beiden haben heute von halb elf bis fünf Uhr nachmittags in unserer Wohnung abgehangen, während die Ayi (chinesische Reinigungskraft) die Zimmer auf Hochglanz poliert hat. Mutige Berufsgruppe, ich würde mich im 16. Stock nicht mit zwei Dritteln meines Körpers aus dem Fenster hängen, um diese von außen zu putzen... Zumindest ist die Wohnung jetzt sauber. Danach waren wir in zwei verschiedenen Supermärkten, um alles an Haushaltssachen und Bettzubehör zu besorgen. Kleiner Tipp: Versucht niemals, in nicht europäischen Supermärkten mit Karte zu bezahlen. Die Prozedur hat länger gedauert, als die Leute in der DDR auf einen Trabi gewartet haben. Dafür geht hier einiges andere besser: Nach dem Einkauf von jeder Menge Kissen, Decken und ähnlichem haben wir den Einkaufswagen im ersten Supermarkt stehen lassen, um den Rest woanders zu besorgen. Als wir wiederkamen, hatte der Markt seit einer Stunde zu und im Eingangsbereich saßen fünf Leute um unseren Wagen herum und haben auf uns gewartet.
Teilweise ist es erschreckend, wie schnell man sich an den Lebensrhythmus hier gewöhnt. Am ersten Abend in der Wohnung haben wir uns geärgert, dass man um ein Uhr nachts keine Bettdecken mehr kaufen konnte, gestern, dass der Supermarkt schon um halb elf zu hatte.

Die erste Woche Part V

Dienstag: Nach anstrengenden Bank- und Unibürobesuchen habe ich mich endlich provisorisch einschreiben können. Da ich innerhalb von 24 Stunden maximal 4900 Yuan abheben darf, kann ich die Uni-Gebühren erst am Freitag bezahlen und auf Ausnahmeregelungen stehen die Chinesen nicht so... Nachmittags, bevor wir abends den Mietvertrag unterschrieben haben und eingezogen sind, haben wir eine kleine Runde Fußball gezockt. War ganz witzig, obwohl wir nur zu dritte waren und mit zwei grottenschlechten Chinesen komplettiert wurden. Die Jungs hier spielen ohne Ecke, der Keeper darf den Ball nicht in die Hand nehmen und ohne Bande, obwohl wir im Käfig gespielt haben. Die meisten sind technisch ganz gut drauf und setzen auch ihre Körper ziemlich robust ein. Dafür bin ich jetzt hier das Kopfballungeheuer... ;-)
Abends haben wir den Einzug in die WG mit einer Flasche neu erstandenen Absolut Peachs zelebriert.

Die erste Woche Part IV

Montag: Wer denkt, Deutschland wäre bürokratisch schlimm, sollte unbedingt mal nach China kommen... Nachdem wir für die Anmeldung auf dem Campus insgesamt drei verschiedene Stellen abgelaufen hatten, landeten wir eine Stunde später wieder bei der ersten – mit dem Unterschied, dass jetzt dreimal so viele Menschen in der Schlange standen. Zumindest haben wir in den zwei Stunden Wartezeit wieder viele nette Menschen kennen gelernt. Im Büro – wie gesagt nach zwei Stunden Wartezeit – wurde mir dann gesagt, dass ich die 820 Euro Studiengebühr sofort und bar bezahlen müsste und dann morgen wiederkommen könnte. So einfach kann man Lebenszeit verschwenden...
Da ich morgens schon in meinem Hotel ausgebucht hatte, war ich zu diesem Zeitpunkt quasi obdachlos. Um das zu beenden, habe ich mich mit Leoo – unserer chinesischen Führerin vom letzten Jahr – getroffen und wir sind mit vier Leuten auf Wohnungssuche gegangen. Die erste war schon ganz nett. Etwa 140 Quadratmeter, 15 Fußminuten von der Uni entfernt, allerdings recht schäbig. Die zweite war der absolute Volltreffer. Während ich das schreibe blicke ich gerade aus meinem Zimmer auf die Skyline von Pudong (siehe Bild oben). Der Nordeingang vom Campus liegt direkt gegenüber. Wir verfügen über insgesamt drei Schlafzimmer, zwei große, ein kleines. Dazu ein großes Wohnzimmer mit Essbereich, Küche, Besenkammer mit Waschmaschine und Panoramablick und zwei Badezimmer. Bilder folgen! Wir – das heißt außer mir noch Lukas (22 / BWL / Köln) und Matthias (23 / BWL / Wien).

Die erste Woche Part III

Sonntag: Nach einer ausgiebigen Ausschlafsession – übrigens ohne Jetlag – habe ich mittags die Uni erkundigt. Die Tongji liegt im Nordosten von Shanghai, etwa 5 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Der Campus ist recht groß, direkt gegenüber vom Haupteingang lächelt einem eine riesengroße Mao-Statue entgegen. Basis der „deutschen Community“ ist das Ausländer Dorm. Die Zimmer sind ziemlich beschissen, 12 m2 inklusive Badezimmer... Dafür verlangt die Tongji 6 Euro am Tag – für den Shanghaier Mietspiegel absoluter Wucher, dazu später mehr.
Am Nachmittag bin ich mit Merit und Nadja per Taxi und Metro zu der größten Shopping-Mall Shanghais gefahren. Vor allem der Carrefour, so eine Art französisch-chinesischer Joint-Venture-Supermarkt, ist ungeheuer faszinierend. In der Food-Abteilung haben wir uns erst mal durch die Probierstände gefuttert. Von der Auswahl her hat mich das ein wenig an „Life of Brian“ erinnert. Also: Wenn mich jemand besuchen kommen sollte, gehen wir erst mal Schwertmuschelnasen und gepökelte Qualle essen...
Abends haben wir uns mit ein paar anderen Deutschen zum Essen getroffen. War ganz nett, vor allem weil wir mit insgesamt neun Leuten an einem riesigen Tisch saßen (am nächsten Tag haben wir das Ganze noch mal mit 14 Leuten getoppt...) und lecker gegessen haben.

Die erste Woche Part II



Samstag: Nach Geldtransaktionen und einer gemeinsamer Fahrt ins Zentrum (zusammen etwa 20 Euro für 52 Kilometer) haben wir uns direkt zum Abendessen verabredet. Nadja wohnt zwar etwas weiter entfernt von der Universität, an die mein aktuelles Hotel direkt grenzt, die Taxipreise hier lassen diese Fahrten aber ohne Gewissensbisse zu. So trafen wir uns nach zweistündiger Mittagsruhe in der Innenstadt, um abends gemeinsam zu essen. Das erstbeste nichttouristische Restaurant hat uns dann für 5 Euro pro Person reichlich gesättigt. Besonders lecker: In Sojasauce gebratene Auberginen.
Das Klima ist momentan ziemlich grauenhaft. Circa 35 Grad und geschätzte 80 Prozent Luftfeuchtigkeit sind Gift für eine beschränkte Reisewäsche-Kapazität. Wenn einen dann noch der Taxifahrer einen Kilometer zu früh rausschmeißt und man, um Platz im Koffer zu sparen, Pulli und Jackett trägt, kann man hinterher einen guten Liter Schweiß aus seinem T-Shirt wringen.

Die erste Woche Part I

Freitag: Nach der quantitativ überwältigen Abschiednahme am Flughafen, ging das große Abenteuer los. Zumindest bis ich mich circa fünf Minuten in den Sitz meines Fliegers niederließ und die British Airways wir eine äußerst nette Nachbarin bescherte. Nicola war auf dem Weg nach Tokyo und auch aus Düsseldorf. Ergo – genug Gesprächsthemen über Fernost, die Heimat, Jetlag und ganz Generelles. Auch die, mit Wartezeit, einstündige Sicherheitskontrolle an Heathrow wurde so nett verkürzt.
Apropos Wartezeit: Nach kurzer Shoppingtour im Londoner Flughafen – trotz astronomischer Pfundpreise lockte mich die großartige Vodkaauswahl im Duty Free – wurde im Shuttlebus zum Flugzeug spontan eine deutsche Community gegründet. Merit (24 / Sinologie / Kopenhagen) und Nadja (23 / Innen- und Architektur / FH Düsseldorf) stiegen mit den selben Voraussetzungen in die Boeing 777: Sechs Monate Shanghai vor der Brust. Im Flieger saßen wir dann zwar relativ weit auseinander – die elf Stunden wurden mir vom individuellen Entertainmentsystem mit acht Kinofilmen, diversen Comedykanälen und Musik verkürzt – nach der Ankunft haben wir uns aber wiedervereinigt.

Last thoughts of a flying mind

Ich kenne da jemanden, der morgen nach Shanghai fliegt. Im Moment ist das für mich so eine Art Romanfigur oder ein Hauptdarsteller in einem guten Film. Man fiebert mit, weiß aber auch, dass man jederzeit aufhören kann zu lesen oder einfach nur den Fernseher ausschalten muss.
Wieso sehe ich mich momentan aus der dritten Person? Erschreckend... Dabei mache ich mir noch nicht einmal Sorgen oder Gedanken, alle anderen Menschen um mich herum sehen das Ganze viel dramatischer und weitreichender als ich selber. Ich bin mal gespannt, wann ich tatsächlich realisiert habe, was mir auf der einen Seite alles entgeht und wen ich nicht mehr sehe, was ich aber auf der anderen Seite jetzt alles vor mir habe.

Jetzt mal etwas pragmatischer: Das ist mein vorerst letzter Eintrag aus Deutschland. Der nächste wird wohl vom anstrengenden Flug und Jetlag handeln... Die beiden WG-Möglichkeiten haben die jeweils zerschlagen, eine dritte ebenfalls. Werde also - sofern ich nicht bis spätestens Dienstag was Nettes finde, vorerst im Studentenheim wohnen. 12 qm2 - ich komme.

Denkt dran - weiterlesen, nicht abschalten! Ich kann es auch nicht...

Abschied Part I

Heute in sieben Tagen befinden ich mich aller Voraussicht nach circa 10.000 Meter über Osteuropa, der Sonne entgegen. Zeit für Verabschiedungen. Heute abend erfolgt Teil Eins der großen Ausstandsfeiern. Mittwoch (natürlich mit den Studileuten, wer trinkt sonst schon unter der Woche ) geht es mit Teil Zwei weiter. Ich hasse Abschiedsdramen, um das mal kurz klarzustellen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass einige Leute denken, ich komme in zehn Jahren wieder. Wenn ich zurückdenke, was ich vor einem halben Jahr gemacht habe; Hey, da war gerade Karneval. Das ist doch noch gar nicht so lange her
Inzwischen habe ich eine neue Zeitrechnung entwickelt: Ich denke nicht mehr in Tagen, sondern in "Noch soundsovielen". Noch einmal Sonntag arbeiten. Noch zweimal Training. Noch ein Wochenende. Noch zwei Kickerausgaben... Noch 380 Stunden Chinesisch, bis ich wieder zuhause bin

Final Countdown

Two weeks to go. Gestern habe ich meinen Pass inklusive Visum in Köln abgeholt, hat alles so geklappt, wie es sollte. Priorität hat im Moment die Suche nach einer Wohnung. Bei zwei WGs habe ich mich mal per E-Mail beworben. Bei der einen ist noch ein Zimmer frei, da werde ich dann kurz nach meiner Ankunft mal vorbeischauen. Vielleicht klappt das ja, die Beschreibung klingt zumindest sehr nett. Das Zimmer in der anderen war leider schon vergeben. Notfalls ziehe ich zunächst in's Studentenheim oder für zwei, drei Tage in das Hotel auf dem Campus.
In Sachen Flugsicherheit gibt es inzwischen etwas Entwarnung. Im Handgepäck verboten sind weiterhin Flüssigkeiten, Feuerzeuge und Kosmetika, dafür dürfen elektronische Geräte mit an Bord genommen werden. Puh, das heißt zumindest drei Stunden Zeitvertreiben mit dem Laptop :-)

Osama Bin Laden und mein Handgepäck

Wer es noch nicht wusste: Mein Flug nach Shanghai geht über London. Ist ja eigentlich nichts schlimmes. Ich mag die Stadt, kenne mich sogar ganz gut da aus. Seit gestern mittag geht es für Passagiere von, nach und in den beiden Flughäfen Heathrow und Stanstead um mehr als architektonische Besonderheiten der Stadt. Der [url=http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,k-6961,00.html]Hintergrund[/url] sollte inzwischen jedem klar sein, die logistischen Auswirkungen wohl nicht. Nach aktuellem Stand dürfte ich kein Handgepäck mitnehmen, das bedeutet unter anderem keinen Laptop, keine Bücher für 14 Stunden Flug, nicht mal was zu trinken. Zudem sind bei der British Airways nur Koffer mit maximal 23 Kilo Gewicht erlaubt, jedes weitere Kilo kostet preisgünstige 35 Euro! Der Plan war, einen zweiten Koffer mit einem Logistik-Unternehmen hinterher zu schicken. Geht aber im Moment nicht mehr. "Wir dürfen keine Gepäckstücke mehr mitnehmen, die nicht zusammen mit dem Besitzer fliegen." Toll! Vorausgesetzt, die Einschränkungen ändern sich nicht bis zum ersten September, gibt es jetzt zwei Möglichkeiten: 1. Klamotten in Shanghai kaufen. Was dann aber wieder den Rückweg erschweren würde. 2.: Die Sachen beispielsweise per Schiff schicken lassen. Dauert aber mindestens sechs Wochen... Danke, Osama.

Visum - die Freihei geb' ich dir

Seit das chinesische Konsulat in Bonn im vergangenen Jahr zugemacht hat, sind wir Westdeutschen arm dran. Nun haben wir die Wahl zwischen den Vertretungen in Frankfurt, Berlin, Hamburg und München. Glücklicherweise gibt es für so reisefaule Menschen wie mich Firmen, die das Procedere der Beantragung und Abholung von Visa übernehmen. So fuhr ich gestern in das schöne Köln-Porz, um das von mir aus am wenigsten entfernte Unternehmen mit der Beantragung meines Visums aufzusuchen. Erwartet habe ich ein kleines Ladengeschäft mit Glasfront und großem Schreibtisch, vielleicht einer Theke, vor der schon zwei, drei Menschen stehen. Als ich die angegebene Adresse dann schließlich fand - die Wegbeschreibung war äußerst phantasievoll formuliert - war ich mir sicher, dass ich hier nicht richtig sein konnte. Das "Büro" erwies sich als Treppenabsatz hinter einer Tür neben der Garage eines Einfamilenhauses. Die Einrichtung bestand aus einem dieser Stehtische mit schräger Schreibfläche, wie sie auch gerne in Restaurants benutzt wird. Die Frau, die mir die Tür zum Treppenabsatz öffnete, erwies sich allerdings als nett und auch als sachkundig. Ein bisschen Sorge machten mir die Tatsache, dass der letzte Beantrager eines F-Visums nun doch ein X-Visum verpasst bekam - mit der Folge, dass er sich in China einem ausführlichen Check-Up unterwerfen kann. Sein Fehler war es wohl, mit mehr als dem üblichen Kram zur Beantragung zu kommen, und auch noch Versicherungsnachweis und Stipendiumsbescheinigung vorzeigen zu wollen. "Der hatte einen ganzen Stapel voll Unterlagen, das war denen zu viel". So läuft chinesische Bürokratie... Positiv war dagegen eine andere Mitteilung. Das 180 Tage des Visums laufen ab Einreisedatum, nicht - wie ich bisher annahm - ab Beantragungsdatum. Das gibt mir gut zwei Wochen mehr Zeit, im Anschluss an das Semester noch etwas zu unternehmen. So schnell seht mir mich also nicht wieder

Letztmalig wehmütig betrachtet

Was ich alles vermissen werde, alphabetisch geordnet:

Altbier
Auto fahren
Das Stone und das „K“
Den Rhein plus dazugehörigen Strand
Deutsche Zeitungen und Zeitschriften
Deutsches Geld
Die Universität (ehrlich )
Döner vom Hauptbahnhof
Düsseldorf
Familie und Freunde
Fortuna tickern
Fußball am Balkan spielen
Handball
Mein Bett
Meine Handball-F-Jugend
Messer und Gabel
Musik aus einer vernünftigen Anlage zu hören
Mettmann
Parties in der Fachschaft
Saubere Luft
Sonntags arbeiten
Sportschau
Silvester am 31. Dezember
Täglich die Simpsons gucken zu können
Weihnachten

To be continued…

Kleines Update

1. September, 10:50 Uhr ab Düsseldorf
1. September, 11:10 Uhr an London-Heathrow
1. September, 13:55 Uhr ab London-Heathrow
2. September, 08:05 Uhr an Shanghai

Alles Ortszeiten... Wer trinkt mit mir am 31. August die Nacht durch, damit ich auf dem Flug wenigstens ein bisschen schlafen kann?

Morgen sind es noch genau 50 Tage.

So langsam wird es ernst...

Am Freitag kam endlich der lange erwartete Brief der Tongji-Universität. Jetzt folgt die nächste Odyssee - Visumsantrag. Aus meinem Urlaub Ostern 2005 bin ich glücklicherweise noch ein bisschen mit den ...ähm... außergewöhnlichen Praktiken der Chinesen vertraut, aber offensichtlich besteht zwischen Touristen- und Studentenvisum noch ein himmelweiter Unterschied. Auf dem Schreiben der Tongji steht, dass ich mir doch bitte ein X-Visum (= Studentenvisum, das bis zu einem Jahr gültig ist und mehrfache Ein- und Ausreise erlaubt) besorgen möge. Allerdings müsste ich dafür einen kompletten Gesundheitscheck machen. Dieser Check umfasst zwei DIN-A-4-Seiten mit Fragen zu Krankheiten, die ich gehabt habe, Allergien und so tollen Feldern wie "Skin", "Nose", "Tonsil" (Mandeln) oder "Ears". Dazu sind ein EKG, eine Röntgenaufnahme der Lunge (zwecks Tuberkulose-Erkennung)und ein komplettes Blutbild inklusive HIV-Test vorgeschrieben. Wohl mit einigen Unständen verbunden, aber gängige Praxis. Und jetzt kommt das ABER... Das zuständige Konsulat - in diesem Fall Frankfurt, da Bonn letztes Jahr zugemacht hat - verteilt gar keine X-Visa Das ergab ein Anruf bei einem von den vielen Visa-Services, die 1.) besser erreichbar sind als die Konsulate und 2.) auch mehr Ahnung haben. Also - ich bekomme jetzt wohl einfach ein F-Visum (Business, gültig bis zu sechs Monaten, einfache Ein- und Ausreise), was mir auch alle medizinischen Tests erspart. Jetzt kann es mir höchstens passieren, dass ich die Tests in China nachholen muss - das ist wohl pure Willkür der Einreisebehörde.
Noch kurz zu Terminen: Da mein Visum ab September läuft, werde ich auch am 01.09. fliegen. Düsseldorf - London - Shanghai mit der British Airways. Das Visum werde ich am 7. August von der Kölner Firma beantragen lassen. Alles nicht mehr wirklich lange

Shanghaimlich

... melde ich mal wieder zurück. Da ich das obligatorisch schlechte Wortspiel jetzt ja abgehakt habe, zur aktuellen Faktenlage. Meine Application als "Chinese Language Learner" ist ausgefüllt. So interessante Fragen wie "Sex?" ("Yes, please!") oder "Health Status" (Was soll man da bitte schreiben?) habe ich wahrheitsgemäß beantwortet.
Den Anhang, der an einem von zwei ansonsten gleichen Formularen hing, habe ich allerdings weggelassen. Nein, leider kenne ich keine Person, die über meine tugendhaften Lernfortschritte wacht, meine universitäre Aufmerksamkeit verfolgt und auch sonst als Tutor dienen könnte. Ich hoffe, jetzt bekomme nicht einfach einen zugewiesen... Offenbar ist mein Antrag aber angenommen wurden und befindet sich im Moment auf postalem Wege gen Düsseldorf. Was sicher noch dauern kann, wenn man den Weg meiner Postkarten der letzten Osterferien zu Grunde legt.

Schön ist auch, dass die Fortschritte mit der Sprache mehr werden. Inzwischen kann ich einzelne Zeichen auf Sojasauce-Flaschen und T-Shirts von Alternative-Bands wiedererkennen ("Das hab ich schon mal gesehen, aber frag' nicht, was es heißt..."). Vielleicht wird das ja doch etwas

Abschließend eine geklaute ... ähm ... "Liebeserklärung" an Shanghai, entnommen aus dem Forum der deutschen Shanghai-Kommune www.schanghai.com zum Thema "Ist Shanghai schön?":

Shanghai ist schön wenn du an einer Kreuzung stehst und ein Bus Baujahr 86 dir so richtig schön seine Abgase in die Nase pustet. Shanghai ist schön wenn du mit dem Taxi im Tunnelstau stehst, du dir die Fenster runter machst und mal so richtig durchatmest. Und lauf über Strassen immer schön langsam. Wundere dich nicht, in Shanghai findet man den Ton der Hupen schön. Shanghai ist auch schön wenn du deine Wohnung selber putzen musst, jeden Tag dich über den schön schwarzen Wischer freust, der dir zeigt wie schön doch die Luft ist. Die Stadt ist schön wenn ein Gewitter kommt, du die Beine in die Hand nimmst, nicht nass werden willst, aber der Wind zunimmt und dir den Dreck der Strassen schön ins Gesicht bläst. Schön ist auch wenn du bei MC Burger in den BigDreck beisst, den zuvor ein Forumuser mit, im besten Fall Ketchup, gefüllt und wieder zurück ins Regal hat geben lassen. Aber so richtig schön sind die vielen rotzenden Männer oder aber die Expats, die nicht verstanden haben das Anzug nicht gleich Anzug ist. Traumhafte Flüsse, Strände - so richtig schön, ja fast schon chemisch rein. Hier wird keine Chemie in den Fluss geleitet, hier zieht man sich die Chemie aus dem Fluss, mag man zumindest vermuten. Wenn Du gut umdenken kannst, dich vielleicht dein Urlaub mal nach Bali gebracht hat und dir das Hinterland dort, wo die Frauen sich die Haare auf den Strassen waschen, gut gefiel, dann bist Du in Shanghai sicher gut aufgehoben. Erwarte aber nicht zu viel Kultur! Hier kannst Du nur entdecken und dich wundern. Aber: Shanghai ist der perfekte Ort um Geld auszugeben wenn du die richtigen Geschäfte finden willst. Shanghai ist der schönste Ort um dabei zu helfen Chinas Wirtschaft tatkräftig mit anzukurbeln. Shanghai ist im Vergleich zu vielen anderen Städten schön sicher.

Xièxie, liebes MHRC!

Zu deutsch, vielen Dank euch Kerlen vom "Mercer Human Resource Consulting". Laut eurer neuesten Erhebung zu den Städten, in denen es sich weltweit am besten leben lässt, prophezeit ihr mir für den kommenden Herbst einen rapiden Rückschritt in meiner Lebensqualität. Während meine Heimat- und Lieblingsstadt Düsseldorf auf Platz 5 landet und damit beste deutsche Stadt ist, landet Shanghai auf einem starken 103. Rang. Hinter so bekannt homophilen Metropolen wie Kaohsiung (Thailand), Warschau und Riga.
Vielleicht kann mir da die eigentlich völlig unverschämte und gewohnt bajuwarisch-subjektive Einleitung der SZ ein Trost sein: "Woanders ist es möglicherweise schöner, aber Düsseldorf soll Deutschlands lebenswerteste Stadt sein." Schönen Gruß nach München, mit Platz 8 immerhin drittlebenswerteste Stadt. Ist doch auch was.

China on my tongue

Ni hao. Mir kann nichts mehr passieren, ich bin auf alles vorbereitet. Donnerstag hatte ich meine erste Chinesisch-Stunde. Inzwischen beherrsche ich die Schriftzeichen für "Mann", "groß", "König" und - Achtung, festhalten! - "Jade". Zudem ergibt die Kombination aus Mann und groß "erwachsen". Ich denke, im äußersten Notfall werde ich mit diesem Vokabular ein halbes Jahr in Shanghai überleben. Allerdings nur, wenn mich jemand verstehen sollte, denn die Aussprache erweist sich als knackig. Abgesehen von den normalen polyglotten Verwirrungen - ähnlich so Marotten, dass die Spanier Sevilla als "Tsebbillja" hören wollen - kann jeder Vokal je nach Akzentuierung vier Tonhöhen haben. Ein "-" über dem Buchstaben klingt nach in die Länge gezogenen Kastratenchor, "v" ist wie betrunken Trampolin-Springen und dabei singen. Das kann ja Shang-heiter werden...

Shanghai allen Lesern

Da es nun nur noch etwa ein halbes Jahr dauert, bis ich gen Osten verschwinde, wird es höchste Zeit, das auch mal öffentlich kund zu tun. Dass es ausgerechnet mit einem denkbar schlechten Wortwitz beginnt, tut mir leid. Ich bin Germanist, ich kann keine Gelegenheit verstreichen lassen, mehr oder weniger sinnlose Verdreher zu produzieren. Zudem ist Shanghai ein leichtes Opfer, macht euch in der Beziehung noch auf einiges gefasst... Bevor jetzt wieder falsche Gerüchte aufkommen: Nein, die Tatsache, dass man aus Shanghai mehr machen kann als aus Peking, war kein nennenswerter Grund meiner Entscheidung zwischen diesen beiden Städten!

Für die Statistik, Vorkehrungen die getroffen wurden: Übermorgen beginnt mein Chinesisch-Kurs an der Uni. Man mag sich fragen, weshalb ich vor einem Aufenthalt, dessen Hauptzweck der Spracherwerb ist, diesen Kurs schon in Deutschland belege. Aber ich denke, dass gerade eine so komplexe Sprache vielleicht in zwei Versuchen einfacher zu erlernen ist. Vielleicht kann ich dann auch das halbe Jahr in Shanghai mit wichtigeren Sachen verbringen als Lernen, beispielsweise das Studieren örtlicher Ausgehgepflogenheiten und anschließende Assimilierung...